140 min
© 2006
Daniel Craig, Mads Mikkelsen, Eva Green, Simon Abkarian, Judi Dench, Caterina Murino, Jeffrey Wright, Romain Duris, Michaël Youn, Jürgen Tarrach, Ludger Pistor
Action
James Bond ist zurück. Martin Campbells knallharter Agenten-Action-Thriller „Casino Royale“ übertrifft die hohen Erwartungen und glänzt mit einem – wider allen Spekulationen – exzellent besetzten Daniel Craig in der Doppel-Null-Rolle. Die raue Neuorientierung ist mit mehr als Bravour geglückt.

In der Eröffnungssequenz wird gezeigt, wie der junge Commander James Bond sich seine Meriten für die Doppel-Null-Abteilung des MI6 verdient: durch zwei reinrassige Auftragsmorde. Das ist nicht der Bond, den wir bis jetzt kannten. Nichts da mit Gentlemen-Agenten und dergleichen. Es geht sofort hart zur Sache. Schon in den ersten Minuten zeigt sich der raue Grundton, der nun vorherrschen wird.
Bonds erster Auftrag als Doppel-Null-Agent ist ein Job in Madagaskar, der völlig aus dem Ruder läuft und den er in den Sand setzt. Bond zeigt latent insubordinative Tendenzen und macht auf eigene Faust weiter. Die Spur führt schließlich zu LeChiffre (Mads Mikkelsen), einem besessenen und genialen Spieler, der in Montenegro im Casino Royale Geld für terroristische Aktivitäten gewinnen muss, weil es ihm sonst selbst an den Kragen gehen wird. Bonds neuer Auftrag: ihn beim Spiel besiegen, um LeChiffre wiederum unter Druck setzen zu können. Als Quasi-Babysitterin für Bond und das ihm zur Verfügung gestellte Spielgeld in Millionenhöhe wird ihm – zunächst sehr zu seinem Missfallen – die attraktive Vesper Lynd (Eva Green) zur Seite gestellt. Man mag sich nicht besonders, auch wenn eine unterschwellige Spannung zwischen den beiden herrscht. Doch sie raufen sich zusammen und werden von ihren Gegnern heftig unter Wind genommen. Nur unter Überwindung erheblicher Widerstände gelingt es Bond immer wieder, zur rechten Zeit den Weg an den Spieltisch zurück zu finden. Eine wahre Poker-Schlacht entbrennt, und wer am Ende gewinnt, sollen nicht nur die Spielkarten entscheiden…

Die Performance des neuen Bond-Darstellers Daniel Craig ist exzellent. Er ist hart, kantig, sportlich und machmal sogar lässig-zynisch. Diesem Mann nimmt man den harten Hund ab. Es geht hier nicht – wie bei den Vorgängern – um die Frage, ob er in der Lage ist, die Action glaubwürdig rüberzubringen, sondern vielmehr darum, ob der Neue die anderen Qualitäten, die James Bond ausmachen, darstellen kann, nämlich Stil, Eleganz und Coolness. Und er kann. Craig muss den Vergleich mit seinen Vorgängern nicht scheuen.

Nach jahrzehntelangem Bemühen gelang es den Produzenten schließlich, die Rechte des allerersten Bond-Romans zu erwerben. Die waren in den 1950er Jahren für einen Spottpreis nach Amerika verkauft worden. Dort war ein kaum beachteter Schwarz-weiß-TV-Film mit Barry Nelson als Jimmy (!) Bond und Peter Lorre als LeChiffre entstanden. Später musste der Titel für eine unsäglich schlechte Bond-Parodie mit David Niven, Peter Sellers und Woody Allen herhalten. Jetzt also der dritte Versuch. Interessanter Weise hält sich der Film erstaunlich nah an die Buchvorlage, wie vergleichbar allenfalls in „Im Geheimdienst ihrer Majestät“ geschehen. Es wird deutlich an Härte zugelegt. Waren einige Teile der Serie durchaus Kinder-kompatibel, hat sich dies geändert. Es wird geschossen, geschlagen, geblutet und gefoltert. Aber so hat sich Ian Fleming die Welt von James Bond vorgestellt. Gerade die brutalste Szene stammt direkt aus seinem Buch. Es wird nicht gescherzt. Hier wird gestorben, mal langsam, meist schnell.

Punkten kann der Film darüber hinaus mit einem wunderbar-fiesen Bösewicht. Mads Mikkelsens LeChiffre ist ein richtig guter Antagonist für Bond. Das Besondere an diesem Charakter ist, dass es für ihn ebenfalls um das nackte Überleben geht. Er tritt nicht gegen Bond an, weil er es will, sondern weil er es muss.

Computergenerierte Bilder oder ähnlichen optischen Firlefanz sucht man vergebens. Alles handgemacht, so haben wir es gerne. „Casino Royale“ zeigt, was man mit einem heutzutage gar nicht so üppigen Budget von ca. 72 Millionen Dollar auf die Leinwand bringen kann. Der Film sieht deutlich teurer aus. Und die Actionszenen – insbesondere die erste halbe Stunde – sind derart packend gemacht, dass man alle 007-Epigonen der letzten Zeit sofort vergisst. Vorbei sind auch die Zeiten der verunglückten Titellieder überschätzter Pop-Diseusen. Chris Cornells „You know my name“ ist ein waschechter Rocksong, der druckvoll nach vorne und gut ins Ohr geht und der härteren Gangart des Films entspricht. Die Titelsequenz, die er unterlegt, passt gut zum Filmthema und hebt sich visuell wohltuend von den Computertraumwelten der letzten Filme ab. David Arnolds Score ist ebenfalls klasse wie immer und erinnert nicht von ungefähr an die klassischen John-Barry-Scores.
Um es ganz unmissverständlich zu sagen: „Casino Royale“ ist ein exzellenter, mitreißender, ja sogar richtig spannender Film mit einem hervorragend besetzten Hauptdarsteller in Hochform. Lizenz erteilt!

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