110 min
© 1947
Gregory Peck, Alida Valli, Ann Todd, Charles Laughton, Charles Coburn, Louis Jourdan
Thrller
DVD 652
Der Fall Paradin (The Paradine Case)

Die bildschöne Maddalena Paradine, aus zwielichtigen Verhältnissen durch ihre Heirat in die Londoner Gesellschaft aufgestiegen, wird unter dringendem Mordverdacht verhaftet. Man beschuldigt sie, ihren Mann, den blinden Oberst Paradine, vergiftet zu haben. Sir Simon beschafft Mrs. Paradine einen glänzenden Strafverteidiger, den jungen Anwalt Anthony Keane. Keane ist vom ersten Augenblick an fasziniert von seiner Mandantin. Ebenso wie ihre Schönheit beeindruckt ihn, dass sie ihm gegenüber aus ihrer zwielichtigen Vergangenheit keinen Hehl macht. Keanes Frau Gay spürt, dass ihr Mann sich in Mrs. Paradine verliebt hat, noch ehe der Prozess beginnt. Ihre Furcht, ihren Mann zu verlieren, wächst in dem Maße, in dem er sich mit Beginn der Verhandlung mehr und mehr für die Angeklagte engagiert. Keane wiederum bekommt zu spüren, dass Richter Horfield ihm alles andere als gewogen ist, seitdem Gay Annäherungsversuche dieses ebenso eitlen wie kalten Juristen zurückgewiesen hat. Auch macht ihm Mrs. Paradine ihre Verteidigung recht schwer. Vor allem will es Keane nicht in den Kopf, dass er auf ihren Wunsch André Latour, den Stallknecht ihres Mannes, unbedingt aus dem Prozess heraushalten soll.

"Der Fall Paradin" war der letzte von vier Filmen, die der Meister des Suspense, Alfred Hitchcock für den Hollywood-Produzenten David O. Selznick drehte. Seine Entstehung war von schweren Auseinandersetzungen zwischen den beiden begleitet. Der Regisseur hasste das Drehbuch, für dessen Endfassung der Produzent verantwortlich zeichnete, ebenso wenig war er mit der ihm aufgezwungenen Besetzung einverstanden. Der Produzent hingegen nahm dem Regisseur den schleppenden Fortgang der Dreharbeiten und die immensen Kosten (Drei Millionen Dollar) übel. So ließ Hitchcock das ehrwürdige "Old Baily" für 70.000 Dollar in 17.000 Arbeitsstunden für die Gerichtsszenen nachbauen. Das Ergebnis gibt Hitchcock recht: die Gerichtsszenen gehören zu dem Besten, was das Kino auf diesem Gebiet zu bieten hat. "Der Fall Paradin" ist nach "Ich kämpfe um Dich" (1945) der zweite Film, den der Schauspieler Gregory Peck mit Hitchcock gemacht hat. Immer wieder ist kolportiert worden, Hitchcock habe seine Darsteller als "Cattle", als Vieh betrachtet und verächtlich behandelt. Gregory Peck hat ihn anders erfahren: "Ich glaube, er hat ein gutes Gespür für Publicity. Er ist ganz anders als seine Fassade. Mich hat er väterlich behandelt. Er behandelte alle Schauspieler mit Zuneigung und Zartgefühl. Ich habe niemals erlebt, dass er irgendjemanden bei Dreharbeiten beschimpft oder gedemütigt hätte. Aber Hitchcock weiß genau, welchen Gesichtsausdruck und welche Körperhaltung er haben will, und so könnte man leicht mit ihm aneinander geraten, weil er nur ungern seine eigenen Vorstellungen korrigiert und anpasst. Weil man an seine vielen Erfolge denkt, streitet man aber nicht mit ihm. Man macht alles, wie er es will" (zitiert nach "Gregory Peck" von Tony Thomas).

Hitchcocks Auftritt: Kommt an der Cumberland Station aus dem Zug mit einem Cellokasten in der Hand (ca. 36 Minuten nach Filmbeginn).

BR 3
26.08.2006