105 min
© 2006
Marcel Reich-Ranicki
Doku
DVD 676
Ich, Reich-Ranicki

Marcel Reich-Ranicki ist heute einer der populärsten Deutschen, der sich selbst einmal als Mischung aus Schulmeister und Entertainer bezeichnet hat. Der große Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Lutz Hachmeister und "Kulturzeit"-Moderator Gert Scobel veranschaulicht das Leben und Wirken des Streitbaren.

Am 2. Juni 1920 wird Marceli Reich im polnischen Wloclawek geboren. 1938 macht er am Fichte-Gymnasium in Berlin sein Abitur. Reich bewirbt sich noch im gleichen Jahr um die Aufnahme an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin. Mit der knappen Begründung "jüd." wird sein Antrag abgelehnt und Reich im Oktober 1938 nach Warschau abgeschoben. Ab 1940 lebt Marceli Reich im Ghetto und leidet an Hunger, wie die anderen, auf engstem Raum eingepferchten Menschen auch. Im Ghetto lernt er Teofila Langnas kennen. Die beiden heiraten und ihnen gelingt die Flucht aus dem Ghetto. Bei der Familie von Oleg Gawin finden sie Unterschlupf. Nach der Befreiung durch die Rote Armee arbeitet Reich-Ranicki für das polnische Militär. 1948 wird er Konsul im polnischen Generalkonsulat von London, und er nimmt den Namen Ranicki an. Im gleichen Jahr kommt sein Sohn Andrew in London zur Welt. Nach politischen Auseinandersetzungen und einem kurzfristigen Publikationsverbot beschließen gegen Ende der 1950er Jahre die Reich-Ranickis, Polen zu verlassen. Marcel Reich-Ranicki arbeitet von 1960 bis 1973 in Hamburg für die Wochenzeitung "Die Zeit". Sein fast freundschaftliches Verhältnis zu Ulrike Meinhof wird ihm später übel genommen. Joachim Fest bringt MRR von der "Zeit" zur "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der mittlerweile international hoch angesehene Kritiker wird auch Mitglied in der Jury des "Ingeborg-Bachmann-Preises". 1988 startet seine Medienkarriere mit der Gründung des "Literarischen Quartetts" im ZDF. Nach einer heftigen Auseinandersetzung verlässt im Jahr 2000 das Gründungsmitglied des "Quartetts" Sigrid Löffler die Sendung und wird von Iris Radisch ersetzt. Nachdem er mehrfach von Reich-Ranicki kritisiert worden ist, revanchiert sich Martin Walser mit dem Roman "Tod eines Kritikers". Die FAZ verweigert einen Vorabdruck des Werkes mit Hinweis auf diverse antisemitische Passagen darin. Nachdem Marcel Reich-Ranicki in vier Sonderausgaben das "Literarische Quartett" nochmal hat aufleben lassen, scheint es, dass er sich mit Ablauf des Jahres 2006 langsam aus der TV-Öffentlichkeit zurückziehen möchte, um sich auf das Schreiben konzentrieren.

ZDF
13.10.2006