134 min
© 2000
Björk, Catherine Deneuve, David Morse, Peter Stormare, Jean-Marc Barr, Joel Grey, Udo Kier
Drama
DVD 1026
Dancer In The Dark

Das Weinen ist leise, wenn die Seele zittert. Zittert vor Ehrfurcht vor einem ganz großen Film, der eine ebenso übernatürliche Kraft besitzt wie die Frau in seinem Fokus. Tränen rollen unaufhörlich, wenn man nicht mehr begreift. Nur noch fühlt.

Regisseur Lars von Trier kombiniert seine störenden nervösen Kamerabewegungen mit klassischen Musicalelementen, um das Schicksal der tschechischen Einwanderin Selma zu erzählen. Hinreißend und fantastisch unglamourös wird sie von der isländischen Popsängerin Björk verkörpert, die für ihr Kinodebüt auch die Musik schrieb.
Als Fabrikarbeiterin in Washington verdient die allmählich erblindende Selma den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn. Tagträumend von Filmmusicals, verheimlicht sie ihre Behinderung, um den Job nicht zu verlieren. Sie braucht jeden Dollar, um ihr Kind mit einer Augenoperation vor der Erbkrankheit zu bewahren. Selmas hoch verschuldeter Nachbar, der nette Cop Bill (David Morse), stiehlt jedoch in seiner Verzweiflung ihre Ersparnisse. Als Selma sie zurückfordert, gerät die Situation außer Kontrolle. Es fällt ein Schuss …
Der Film spart nicht an tragischen Wendungen und ist in jeder Szene ergreifend: Wenn Selmas Freundin Kathy (Catherine Deneuve) ihr im Kino erklärt, was auf der Leinwand zu sehen ist, indem sie ihre Hand nimmt und mit den Fingern die Trippelschritte der Musicaltänzerinnen imitiert. Wenn die fast blinde Heldin "I' ve seen it all" singt oder mit Kinderlächeln und ihrer musikalischen Fantasie der tristen Realität die Dunkelheit nimmt. In sieben wunderschön choreografierten Musicalnummern wird der Alltag zur Bühne. Das Rattern der Maschinen oder eines Zuges geben der Situation den Rhythmus vor. Bis zum letzten Song, der das unfassbare Ende einläutet. Was bleibt, ist nur Gefühl und leises Weinen.
Dieser hochemotionale Film wird extrem entwertet und behindert durch die exzessiv unruhige Kameraführung. Nach wenigen Minuten bereits muss man sich auf den Ton beschränken, weil die Karussellfahrten der Kamera Schwindel erzeugen. Schade! Es bleibt zu wünschen, dass sich Regisseure und Filmemacher endlich von dieser Art von „dramaturgischem Stil” verabschieden und zur klassischen Kameraführung zurückfinden.

NDR
19.08.2008